Dreh der Rüstungsindustrie den Geldhahn zu!

Veröffentlicht am 16.07.2013 in Bundespolitik

Friedensaktivist Jürgen Grässlin wettert gegen Politik und Wirtschaft bei seiner Buchlesung in Schorndorf „Schwarzbuch Waffenhandel - Wie Deutschland am Krieg verdient“

Dreh der Rüstungsindustrie den Geldhahn zu!“, sagt Jürgen Grässlin am Ende der Lesung zu seinem neuen Buch „Schwarzbuch Waffenhandel - Wie Deutschland am Krieg verdient“. Diese Aufforderung gilt Alexander Bauer, dem SPD Bundestagskandidaten, der gemeinsam mit der Juso AG Schorndorf zu dieser Lesung im Juli 2013 in der Schorndorfer Manufaktur eingeladen hat.

Zuvor hat Jürgen Grässlin, Lehrer, Friedensaktivist, Buchautor und Sprecher der „Deutschen Friedensgesellschaft“ vor 50 Zuhörerinnen und Zuhörern aufgezeigt, wie Deutschland als drittgrößter Waffenexporteur weltweit am Krieg mitverdient.

Sein Vortrag ist mit vielen Zahlen, Fakten aber auch eindrucksvollen persönlichen Geschichten gefüllt. Jürgen Grässlin nennt darin die Schuldigen, die für das weltweite Blutvergießen mit deutschen Waffen verantwortlich sind. Es fallen Namen aus der Industrie, Politik und dem Bankensektor.

Die meisten Personen sind überrascht als Grässlin neben den deutschen Waffenherstellern wie „Heckler und Koch“ auch Daimler anklagt. Auch die Daimler Traditionsmarke profitiert von durch den Bundessicherheitsrat genehmigten deutschen Waffenexporten. Laut eigenen Angaben der Mercedes-Benz Homepage lieferte Mercedes-Benz Military 2011 in über 80 Länder militärische Fahrzeuge. Darunter an Diktaturen wie Ägypten, Libyen, Iran, Saudi-Arabien und viele mehr. „Mit diesen unbequemen Wahrheiten werden solche Konzerne nur ungern konfrontiert“, führt Jürgen Grässlin aus.

Neben der Rüstungsindustrie sieht Grässlin aber auch Politiker wie Kohl, Schröder, Fischer und Angela Merkel als mit schuldig. Quer durch die Parteien genehmigten Regierungen Waffenexporte in unvorstellbarem Ausmaß bis Deutschland im Jahr 2011 auf Platz drei hinter den USA und Russland angekommen ist. Besonders das deutsche Sturmgewehr G3 von „Heckler und Koch“ bezeichnet Grässlin als die Massenvernichtungswaffe des 20. und 21. Jahrhunderts.

Täglich sterben dadurch dutzende Menschen oder werden zeitlebens verstümmelt. Verschiedene Insider kommen in Grässlins neuem Buch zu Wort und schildern, wie das deutsche Sturmgewehr auf legalen und ebenso auf illegalen Wegen in die weltweiten Krisengebiete kommt. Dabei beruft er sich zum Beispiel auf einen ehemaligen Mitarbeiter von „Heckler und Koch“, der maßgeblich daran beteiligt war, illegalen Waffenhandel mit Gebieten in Mexiko zu betreiben. Laut aktueller Aussage der Pressestelle von „Heckler und Koch“ soll dies ohne Wissen des Vorstandes geschehen sein. Grässlin empfindet dies als „lächerlich“.

Wenn Grässlin das Netzwerk zwischen Politik und Rüstungsindustrie beschreibt, dann taucht nicht zuletzt der schwäbischen Rüstungskonzern Heckler und Koch auf. Die Interessen des Konzernes werden durch zwei ranghohe Wahlkreisabgeordnete in der Regierung Merkel vertreten. Einmal durch Volker Kauder, den Vorsitzenden der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, und durch den FDP-Abgeordneten des Wahlkreises Rottweil, Ernst Burgbacher, Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium. Damit ist der Rüstungskonzern perfekt in der aktuellen Bundesregierung von Union und FDP vernetzt.

In der Diskussion verurteilt Alexander Bauer, SPD Bundestagskandidat, das Verhalten des CDU-Bundestagsabgeordneten Volker Kauder als „unglaubwürdig“. Der Hintergrund: Kauder hat im März dieses Jahres in Plüderhausen über das Thema Christenverfolgung gesprochen.

Zeitgleich sorgt er dafür, dass Gewehre von Heckler und Koch und andere Waffenexporte in Länder wie Saudi-Arabien, Iran und Pakistan ermöglicht werden. In vielen dieser Diktaturen werden Christen bis auf das brutalste verfolgt, gefoltert und getötet. Grässlin präsentiert eine Vielzahl von Indizien, die darauf hinweisen, wie Kauder im Hintergrund die Mehrheiten für Angela Merkel im Bundessicherheitsrat, der in geheimen Sitzungen tagt, organsiert. All dies obwohl er offiziell kein Mitglied davon ist. „Diese Doppelmoral ist unerhört“, ergänzt die stellvertretende Juso- Kreisvorsitzende, Anna Bayerlein.

Jürgen Grässlin räumt auch mit drei klassischen Argumenten der Waffenlobby auf: Erstens ist der Anteil der gefährdeten Arbeitsplätze, die durch eine drastische Einschränkung des Waffenhandels, verloren gehen würden, insgesamt gesehen relativ gering, wenn die Unternehmen genug Zeit und Unterstützung für einen Transformationsprozess zur zivilen Produktion bekommen.

Zweitens sind Schusswaffen wie das deutsche G3 nicht neutrale Gegenstände wie eine Gabel oder Messer, sondern Werkzeuge, die bewusst zum Töten gebaut werden. Drittens fällt am Stammtisch häufig das Argument: „wenn wir nicht liefern, dann liefern eben andere“. Grässlin sagt, dass er diese Aussage als scheinheilig vom drittgrößten Waffenexporteur empfindet.

Ohne Deutschland würde eine gewaltige Marktmacht wegbrechen, die momentan kein Land ersetzen kann. „Aktuell ist es eher so, dass die schwarz-gelbe Regierung Waffenexporte übernimmt, die in anderen Ländern an parlamentarischen Hürden gescheitert sind. So hat beispielsweise das niederländische Parlament nach einer öffentlichen Debatte gegen den Willen der Regierung den Export von Leopard-Panzern nach Indonesien abgelehnt. Im Mai 2013 stimmte die deutsche Bundesregierung für die Lieferung von 164 Panzern nach Indonesien – einem Land mit einer katastrophalen Menschenrechtslage“, so Jürgen Grässlin weiter.

Nicht nur Kritik und Protest trägt Grässlin vor, er nennt auch mögliche Lösungsansätze. So zeige eine repräsentative Umfrage von Emnid, dass sich 78 Prozent der deutschen Bevölkerung gegen die aktuelle Praxis der Waffenexporte aussprechen – und das über alle Parteigrenzen hinweg.

Grässlin verdeutlicht, dass die Politik grundsätzlich am längeren Hebel sitzt und der Rüstungsindustrie den Geldhahn zudrehen könnte, womit Grässlin auch die SPD und Alexander Bauer in die Pflicht nimmt. Grässlin will die Menschen vor Ort zum Mitmachen mobilisieren und appelliert: „Protestieren sie öffentlich, unterschreiben sie Petitionen und zeigen sie, dass sie dagegen sind. Schreiben sie ihre Bundestagsabgeordneten an und organisieren sie sich lokal um gemeinsam dem Stück einer friedlicheren Welt näher zu kommen.“

Mehr:
Weitere Informationen zum Autor Jürgen Grässlin
Weitere Informationen zur Kampagne „Aufschrei Waffenhandel“, die das Hauptziel der Änderung eines Grundsatzartikel 26(2) hat
Weitere Informationen zur „Deutschen Friedensgesellschaft - Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen“ (Jürgen Grässlin ist dort Mitglied des Bundessprecherkreises)

Text: Marcel Kühnert

 
 

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