Der Schorndorfer Sozialdemokrat Richard Probst ist seit Dienstag, den 25.3. 2009 hundert Jahre alt. „Es ist ein Wunder“ antwortete der im Harz geborene aber seit 30 Jahren in Schorndorf lebende Grafiker auf die Frage, was ihm das hundertjährige Jubiläum bedeute. Bei näherem Hinsehen wird klar, dass Glück und Gesundheit für die Kriegsgeneration zum Überleben notwendig war.
Berlin im Krieg: Die Bombennächte verbrachte Probst mit seiner Frau Gerda in der Regel im Schutzraum der Kramerstraße 11 der Hauptstadt. „Eines Abends ergriff mich eine innere Unruhe“. Daraufhin ging das Paar ausnahmsweise nicht in den Keller der Kramerstraße. Später hörten sie im Rundfunk die Botschaft: „Kramerstraße 11 erhielt einen Volltreffer.“
Die Schulfreunde meinten 1930: „Mensch geh doch zur SA“. Nach der Lektüre von Hitlers ‚Mein Kampf’ war ihm klar: „Ist doch eindeutig, dass Hitler Krieg will.“ Konsequent und auch wegen des sozialdemokratischen Vaters trat Probst 1930 in die SPD ein.
Als Mitglied der SPD-nahen Organisation „Reichsbanner Schwarz Rot Gold“ wurde er für den Schutz von sozialdemokratischen Veranstaltungen eingesetzt: „Da kam es schon mal zu Schlägereien mit der SA. In Erinnerung ist mir aber auch, wie die Nazis mit einem Sack voll Ratten eine Veranstaltung stören wollten.“
Wegen der unsicheren Lage verließ das Ehepaar Probst dann nach dem Krieg Berlin und zog über den Niederrhein und Bayern letztlich nach Schorndorf. Grund: Die Tochter Ursula Zimmermann hatte in Schorndorf geheiratet.
Bemerkenswert ist der Elan des Jubilars und sein anhaltendes Interesse and der Politik. „Ich hab einen Flachbildschirm mit 200 Programmen, da bin ich immer auf dem neuesten Stand.“ Probst verfolgt fast ausschließlich politische und zeitgeschichtliche Sendungen und schreibt regelmäßig Politikern. Sein politischer Wunsch: Fortführung der Großen Koalition aber mit einem SPD-Kanzler.
Beim Gespräch über Managergehälter braust er auf: „Unternehmen an die Wand fahren und dann noch Boni kassieren. Das ist eine Ungerechtigkeit!“ Wichtig ist ihm auch, dass nicht den Jugendlichen die Schuld für die Tragödie von Winnenden und Wendlingen aufgebürdet wird. „Die Erwachsenen sind es, die ihre Kinder vernachlässigen und Killerspiele auf Computern dulden.“ Wer Kinder in die Welt setze, habe auch die Pflicht, sich um diese zu kümmern.
Voll des Lobes ist Probst über die Arbeit der Zivis und Schwestern der Diakonie, die gelegentlich beim sich weitgehend selbst Versorgenden im Rehhaldenweg nach dem Rechten schauen: „Die sind wie Brüder und Schwestern zu mir“.
Der SPD-Vorsitzende Hans-Ulrich Schmid, der zum Gratulieren gekommen war, und der Jubilar einigten sich aufs nächste Ziel, eine große Feier des 80-jährigen Parteijubiläums im kommenden Jahr. Richard Probst gespannt: „Ich bin neugierig wie´s weiter geht.“