Willkommensstruktur als Gebot der Stunde

Veröffentlicht am 21.10.2015 in Presseecho

aus: Backnanger Kreiszeitung v. 21. 10. 15

Kreis-SPD beschäftigte sich auf ihrem Kreisparteitag mit dem Thema Flüchtlinge – Willy-Brandt-Medaille für Rainer Brechtken

 

 

 

WINTERBACH (hg). Mit Humanität und Hilfsbereitschaft, „nachvollziehbaren Strukturen“ und „kontrollierter Einwanderung“ antwortet die Kreis-SPD auf die anhaltende Flüchtlingswelle. Beim Kreisparteitag wurde eine grundlegende Position formuliert: Ein gemeinsamer „Rems-Murr-Sprech“ für die Flüchtlingsthematik.

Die Flüchtlinge bestimmen die öffentliche Debatte auch beim SPD-Kreisparteitag. Und sie haben eine Welle der Hilfsbereitschaft in der Bevölkerung ausgelöst, für die es seitens der Genossen viel Lob und Anerkennung gibt. Neben der Humanität müssten jetzt „praktikable Konzepte“ treten, meint Kreisvorsitzender Jürgen Hestler, damit aus der Willkommenskultur eine Willkommensstruktur wird. Dazu gehöre die „kontrollierte Einwanderung“. Dazu gehöre auch die Abschiebung mit dem Hinweis, das Asylrecht schützen für jene, die vor Krieg und Verfolgung geschützt gehören.

Was die Genossen an Thementischen stichwortartig und als „Willensbildung im Zeitraffer“ erarbeiten, wie Jürgen Hestler die Positionsbestimmung ankündigt, fassen die drei Landtagskandidaten hernach zusammen. „Unsere humanitäre Aufgabe werden wir wahrnehmen“, verkündet Katrin Altpeter, die unverstellt pragmatisch einige Realitäten zurechtrückt: „Es geht keinem einzigen von uns hier jetzt schlechter, weil die Flüchtlinge gekommen sind.“ Die Ministerin für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren berichtet von anderen Realitäten: von den Zuständen in einer Erstaufnahmestelle in Mannheim etwa, die sie besucht hat. Es gebe kein fließendes Wasser, keine sanitären Anlagen für 9500 Menschen, die innerhalb von zehn Tagen eingezogen seien. Erst 400 seien registriert worden. „Wenn wir 9500 junge Deutsche so einsperren würden, möchte ich nicht wissen, was dann los wäre.“

Altpeter appelliert für mehr Personal für die Registrierung und für ein Zuwanderungsgesetz und sie bringt entschieden den sozialen Wohnungsbau auf den Thementisch: „Den braucht es nicht erst, seit die Flüchtlinge da sind.“ Dafür sei die Sozialdemokratie da, „und nicht dafür, dass wir unsere Grenze mit Mauern sichern.“ Applaus im Saal. Neben den Flüchtlingen klopften auch andere Probleme unverändert an: Altpeter warnt davor, einen „schwachen Teil der Gesellschaft“ aus den Augen zu verlieren – Langzeitarbeitslose, Hartz-IV-Empfänger, Alleinerziehende – die teilweise Angst hätten, noch schwächer zu werden. Wenn die „Probleme der Welt hier ankommen“, erwarte die Bevölkerung von der Politik Handlungsfähigkeit, fächert Landtagsabgeordneter Gernot Gruber die vielschichtigen Meinungen auf. Ein Zeichen von Ratlosigkeit sei es da, „die Probleme mit dem Asyl-Flüchtlingsrecht“ lösen zu wollen. Geld müsse eher der Verbesserung der Situation in den Herkunftsländern dienen. Landtagskandidat Thomas Berger sieht eine Krise, „die unsere staatlichen Organe teilweise überfordert“. Er würde sich momentan nicht auf die Straße stellen und behaupten, das Innenministerium habe alles im Griff. „Aber wir tun alles, um es in den Griff zu bekommen.“ Er erinnert daran, dass Deutschland in den letzten Jahrzehnten 16 Millionen Menschen integriert habe: Gastarbeiter, Russlanddeutsche, 800000 Menschen aus dem ehemaligen Jugoslawien. Die aktuelle Zuwanderungswelle komme allerdings in einer Zeit, „in der sich viele Menschen von der Politik entfernt haben“.

Jürgen Hestler lebt in Weissach im Tal und schildert, was die Gemeinde seit dem Brand am 23. August in einem Haus, das für Flüchtlinge vorgesehen war, erlebt hat. Als „dunkles Deutschland“ bezeichnet zu werden, wie es der Spiegel tat, tue weh – gerade in einer Gemeinde mit so vielen „hellen“ Bereichen. Er kenne niemanden, der den Brand nicht verurteilt, so Hestler. Allerdings, daraus macht er keinen Hehl, gebe es auch „dunkle Flecken“ im Ort: die Stimmung „Ich habe ja nichts gegen, aber...“ und Zweifel, ob es einer 7000-Einwohner-Gemeinde gelingen kann, 300 Flüchtlinge zu integrieren. „Wir dürfen diese Menschen nicht im Dunkeln stehen lassen, müssen ihre Sorgen ernst nehmen“, fordert er. Weder mit erhobenem Zeigefinger noch mit leeren Worthülsen. Und schon gar nicht mit Beschimpfungen („Ihr seid alle Nazis!“).

Hestlers Rezept gegen die Sorgenfalten ist die Bereitschaft der Politik, Menschen mit ihren Ängsten abzuholen, bevor dies andere tun. „Faschismus entsteht dort, wo Menschen nicht ernst genommen werden. Wo sie Angst haben um ihre Sicherheit, ihren Besitz, ihre Kultur, ihr gewohntes Leben.“

 
 

Homepage SPD Rems-Murr

Termine

Alle Termine öffnen.

09.06.2024, 08:00 Uhr - 18:00 Uhr Kommunal- & Europawahl

Alle Termine

SPD und Jusos im Netz

SPD BW / SPD Rems-Murr
Jusos BW
/ Jusos Rems-Murr

MandatsträgerInnen der Region

Jürgen Hestler - Mitglied des Kreistags 
Gernot Gruber - Mitglied des Landtags

 

Koalitionsvertrag 2018 (CDU, CSU, SPD)

 

http://www.guelistan-yueksel.de/wp-content/uploads/2013/11/banner-koavertrag-data-e1385546857314.png

 

"Lesenswert ..."

Wolf Lotter (2018): Innovation. Streitschrift dür barrierefreies Denken.

Allerorten werden die innovativen Kräfte in Wirtschaft, Technik, Politik und Gesellschaft beschworen – aber Technologieskandale und scheiternde Großprojekte erwecken den Eindruck: Es geht nicht voran in Deutschland. Was Innovation wirklich bedeutet und wie man die Kräfte des barrierefreien Denkens nutzen kann, zeigt Wolf Lotter, Gründungsmitglied und ständiger Autor des Wirtschaftsmagazins »brand eins« in seinem neuen Buch.

mehr

Ernst Ulrich von Qeizsäcker, Anders Wijkman u.a. (2018): Wir sind dran. Was wir ändern müssen, wenn wir bleiben wollen. Eine neue Aufklärung für eine volle Welt. Club of Rome: Der große Bericht.

Bis 1990 gab es den Kalten Krieg. Aber als der Kommunismus weg war, ist das Kapital arrogant geworden und hat in allen Ländern der Welt die Deregulierung durchgekämpft. Und eine Zeit lang hat man auch geglaubt, das ist gut für alle. Aber das stimmt überhaupt nicht. Es ist erstens schlecht für die Natur, zweitens sehr schlecht für die künftigen Generationen und drittens ist es auch für den normalen Alltag schlecht, zum Beispiel Finanzkrisen, die auch durch Deregulierung ausgelöst worden sind. Wir müssen also die Arroganz des Kapitals wieder in die Schranken weisen und das heißt Regulierung auf internationaler und nationaler Ebene." Ernst Ulrich von Weizsächer

mehr

Sigrid Klausmann/Walter Sittler (2017): Nicht ohne uns! - Not without us!

15 Länder, 16 Kinder, 5 Kontinente, 1 Stimme - Ein Film der Dokumentarfilmerin Sigrid Klausmann (nach einer Idee von Walter Sittler) über die Zukunft unseres Planeten, die unsere Kinder einmal mitgestalten werden - ein Appell an uns alle: NICHT OHNE UNS! (Filmprojekt und interaktive Plattform für - nicht nur für - Kinder).

mehr

Pierre Rabhi (2018): Manifest für Mensch und Erde. Für einen Aufstand des Gewissens.

Unser Planet krankt an der Menschheit. Energie-, Klima- und Nahrungsmittelkrise sind Symptome der größten Naturkatastrophe der Erde. Der Mensch erschöpft ihre Ressourcen, bringt das natürliche Gleichgewicht aus dem Lot und betreibt eine zerstörerische Landwirtschaft. Pierre Rabhi – Galionsfigur der Entschleunigungsbewegung, militanter Umweltaktivst, Landwirt in den Cevennen mit südalgerischen Wurzeln – fordert in diesem Manifest einen Aufstand des Gewissens. Dabei geht er über den bloßen Kampf gegen die Imperative der Produktion, des Wettbewerbs und der Wirtschaftlichkeit hinaus. Er erinnert uns daran, dass ein Leben unter Missachtung der Gesetze des Lebenden nicht möglich ist, dass es kein Leben abseits der Natur gibt, und dass, – gerade weil das, was wir als Zivilisation bezeichnen, nur auf Bewährung existiert, – es jedem Einzelnen von uns obliegt, der Zerstörung jetzt ein Ende zu setzen.

mehr

Stimme für Vernunft

Mitglied werden

Bildergebnis für spd logo hetze

Zeitung der Sozialdemokratie seit 1876

Friedrich-Ebert-Stiftung

Teilen und Drucken